LINZ. Die Sicherheitskontrolle im Landesgericht Linz gilt auch für frühere Innenminister und EU-Abgeordnete. Geduldig räumte Ernst Strasser alle metallischen Gegenstände aus seinen Taschen

Hinter der Sicherheitsschleuse erwartete ihn bereits ein Dutzend Fotografen und Journalisten, die zum gestrigen, ersten Verhandlungstag im Medienrechtsprozess Ernst Strasser gegen die OÖNachrichten erschienen waren.

Der Gerichtstermin war der erste öffentliche Auftritt des früheren VP-Politikers, seit ein Video der Sunday Times zum jähen Ende von Strassers politischer Karriere und zu (noch laufenden) strafrechtlichen Ermittlungen gegen ihn geführt hatte. Entsprechend groß war das mediale Interesse.

In dem Video, das im März des Vorjahres in ganz Europa Aufregung verursacht hatte, zeigte sich Strasser vor den als Lobbyisten getarnten Journalisten gewillt, im Sinn seiner Auftraggeber Einfluss auf die EU-Gesetzgebung zu nehmen. Strasser nannte auch einen Preis: „Meine Kunden zahlen mir 100.000 Euro im Jahr“, sagt er im Videomitschnitt.

Letztere Aussage bestritt Strasser, der den OÖNachrichten wegen zweier Kommentare üble Nachrede und die Verletzung der Unschuldsvermutung vorwirft, auch gar nicht. Ja, das habe er sinngemäß so gesagt, bestätigte Strasser in seiner Zeugenaussage vor Gericht. Freilich nur um seine Gegenüber „zu provozieren und ihnen Informationen herauszukitzeln“. Denn, so führte Strasser weiter aus, er habe vom ersten Kontakt im Frühsommer 2010 an hinter den vermeintlichen Lobbyisten einen ausländischen Geheimdienst vermutet. „Einen US-amerikanischen oder einen englischen Dienst“, präzisierte Strasser.

Warum er die Polizei über diesen Verdacht nie informierte? Er wisse aus Erfahrung, dass Österreichs Staatspolizei nur tätig werde, wenn man ihnen konkrete Angaben machen könne, gab der frühere Innenminister zur Antwort.

Fünf bis sechsmal habe er sich von Frühsommer 2010 bis März 2011 mit den vermeintlichen Lobbyisten getroffen, nur „zum Schein“ sei er auf deren Geschäftsangebot eingegangen, sagte Strasser. Nach beinahe einjähriger Ermittlungstätigkeit will Strasser nach eigenem Bekunden immerhin herausgefunden haben, dass die Firma der vermeintlichen Lobbyisten nicht im englischen Pendant des Firmenbuchs eingetragen sei. Die Erkenntnis sei leider „zu spät“ gekommen, um sich damit noch an die Polizei zu wenden.

„Hanebüchene“ Erklärung

Was er denn bei den einzelnen Treffen genau besprochen habe, daran könne er sich nicht erinnern, so Strasser weiter. Ob er denn keine Gesprächnotizen von seinen angeblichen Ermittlungen gemacht habe, wollte Anwalt Winfried Sattlegger, der die OÖNachrichten im Medienprozess vertritt, von Strasser wissen. „Das wäre nicht sinnvoll“, wenn man es mit Geheimdiensten zu tun habe, gab Strasser kryptisch zur Antwort.

„Hanebüchen“ nannte Sattlegger die Erklärungen. „Sie hätten von Anfang an die Behörden informieren müssen – und das haben sie nicht gemacht“, sagte er zu Strasser.

Einzige Zeugin, die gestern vor Gericht erschienen war, war die frühere EU-Abgeordnete Hella Ranner. Sie bestätigte, dass Strassers Mitarbeiter in fraglicher Angelegenheit einen Gesetzesänderungsvorschlag an ihr Büro geschickt hätten, Druck habe Strasser auf sie aber keinen ausgeübt.

Der Prozess wurde zur Befragung weiterer Zeugen vertagt. Am 26. März sollen neben anderen Ex-VP-Chef Josef Pröll und der EU-Abgeordnete Othmar Karas, die diesmal terminlich verhindert waren, per Videozuschaltung befragt werden. Von Strasser Rechtsvertreter beantragt wurde zudem ein gerichtliches Gutachten zu den Videoaufnahmen der Sunday Times. Denn diese seien „manipuliert“, behauptete Strasser.